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Hans Hollein



Der Österreicher Hans Hollein ist einer der Pioniere der Postmoderne. Als Designer, Bildhauer, Theoretiker, vor allem aber als Architekt, hat er wichtige Beiträge zur Kunstgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg geleistet.


Geboren wurde Hollein in Wien am 30. März 1934 als Sohn einer Ingenieursfamilie. Er studierte an der Akademie der bildenden Künste in Wien und wurde Meisterschüler bei Clemens Holzmeister. 1956 erhielt er das Diplomexamen. Der danach folgende Studienaufenthalt in den Vereinigten Staaten von 1958 bis 1964 spielte eine wichtige Rolle in Holleins künstlerischer Entwicklung. Für den im Nationalsozialismus aufgewachsenen Hollein war das Land jenseits des Atlantiks das Sinnbild seiner Sehnsucht nach Freiheit. Er studierte in Chicago und Berkeley und wurde "Master of Architecture". Doch noch wichtiger waren die Erlebnisse mit der Kultur und der Landschaft, die sich so sehr von allem was er bis dahin kannte, unterschieden. In einer langen Autofahrt von New York zur Westküste versuchte er das Gefühl der unendlichen Weite in sich aufzusaugen. Das Amerika der Nachkriegsjahre befand sich im Aufbrauch und überall wurden neue Techniken entwickelt. Insbesondere die Raumfahrt faszinierte Hans Hollein. Eine ganz andere Seite Amerikas entdeckte er in den Pueblo-Bauten im Südwesten. Die alte Architektur, die sich perfekt in die Landschaft einfügte und und eine natürliche Verbindung von oben und unten ermöglichte, sollte seine eigenen Bauten maßgeblich beeinflussen.


In den 1960er Jahren schloss Hollein sich der Wiener Avantgarde an, die sich gegen die funkionalistische Architektur der Nachkriegszeit wandte und neue Wege beschreiten wollte. Seine Mitstreiter waren u.a. Friedensreich Hundertwasser und Arnulf Rainer. Mit Manifesten und Ausstellungen verdeutlichten sie ihre Positionen. Hollein entwickelte parallel Ideen für die Gestaltung und Ausstattung von Raumschiffen und leitete davon Ideen für mobile, aufblasbare Büros und andere Kleinstbehausungen ab. Zudem übertrug er seine architektonischen Entwürfe in Collagen, deren bekannteste einen Flugzeugträger zeigt, der als Zentrum einer urbanen Landschaft dient und eine utopische Stadt darstellt. Die Idee, Landschaft und Architektur untrennbar miteinander zu verbinden, war bereits in dieser Zeit angelegt und sollte eines seiner Markenzeichen werden.


Einen Meilenstein in der Architekturgeschichte stellt der erste Auftrag dar, den Hollein als selbstständiger Architekt erhielt. Für den Kerzenhandel Retti in Wien schuf er ein Geschäft, das nur 14 Quadratmeter groß ist und vor allem aus Aluminium, Glas und Spiegeln besteht. Internationale Anerkennung erfuhr Hollein durch die Verleihung des Reynolds-Award für dieses Bauwerk. Viele waren fasziniert von der neuartigen Architektur und so baute Hollein in den Folgejahren für verschiedene Galerien und Boutiquen, u.a. in New York und München, neue Filialen. Dass Hollein seine Architektur als umfassendes Konzept begriff, bewies er eindrucksvoll mit dem für die Olympischen Spielen 1972 in München entworfenen Vielzweck-Wegweiser des Athletendorfes. Mit multimedialen Mitteln, zu einer Zeit als es diesen Begriff noch gar nicht gab, kreierte Hollein ein intelligentes und hochmodernes Verkehrssystem. Selten wurde deutlicher, was Hollein mit seinem berühmten Satz "Alles ist Architektur" meinte.


Eines der wichtigsten Werke, in dem die Vision Holleins einer in die Landschaft integrierten Architektur deutlich wird, ist das Museum Abteiberg in Mönchengladbach. Der Bau verschwindet fast in der umgebenden Natur und ist zum Teil überwachsen. Schon bei der Annäherung an dieses ungewöhnliche Bauwerk rätselt man zunächst, wo denn der Eingang sein könnte. Man beschreitet eine Brücke, die auf das Dach führt und muss dann durch einen kleinen Tempel in das Museum hineingehen. Sehr untypisch für ein öffentliches Gebäude ist, dass man dazu abwärts gehen muss. Innen offenbart sich eine komplexe Architektur, die aus verknüpften Diagonalen besteht und dem Besucher an jeder Ecke neue Raum- und Kunsterlebnisse ermöglicht. 1983 erhielt Hollein für diesen Bau den Deutschen Architekturpreis und wurde 1985 mit dem Pritzker-Preis, der wichtigsten Auszeichung für Architekten weltweit, geehrt.
Nachdem weitere Museumsbauten z.T. durch politische Ränkespiele zunächst verhindert wurden, gelang Hollein mit dem Museum für Moderne Kunst in Frankfurt am Main (1987–1991) ein weiterer großer Wurf. Die besondere Herausforderung für den Architekten bestand in der dreieckigen Grundfläche, die dem fertigen Bau auch den Spitznamen "Tortenstück" einbrachte.
In Clemond-Ferrand wurde 1997 "Vulcania", ein komplett unterirdischer Museumspark, eingeweiht. In einer toten Vulkanlandschaft steht der schwarze, 37 Meter hohe Kegelstumpf, der das Wahrzeichen des Museum ist, als einzig sichtbares Zeichen einer menschlichen Behausung. Der Besucher wird in in eine atemberaubende unterirdische Welt geführt, die bewusst an Jules Vernes' "Reise zum Mittelpunkt der Erde" erinnert.


Hollein ist ein vielseitig interessierter Künstler, der die Architektur lediglich gewählt hat, weil sie aus seiner Sicht die wirkungsvollste Disziplin ist. Dennoch hat er sich immer wieder die Freiheit genommen, auch auf anderen Gebieten zu arbeiten und z.B. Bühnenbilder, Möbel, Brillen und Uhren entworfen. Auch als Ausstellungsmacher trat er in Erscheinung. Seltsamerweise ist Hollein, der in der ganzen Welt anerkannt ist als einer der wichtigsten Vertreter der Postmoderne gilt, gerade in seinem Heimatland unterrepräsentiert. Vermutlich muss Hollein erst sterben, bevor er in Wien ein Denkmal gesetzt bekommt und Politiker Sonntagsreden auf seine Architektur halten. Wahrscheinlich werden es dieselben sein, die seine Bauten verhindert haben.

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